Die neue Männermode ist vielfältig(er)

Köln – Mode ist ein Spiegel gesellschaftlicher Debatten. Das sieht man auch der aktuellen Männermode an. Typisch männliche Elemente braucht sie nicht mehr – vielmehr ist erlaubt, was gefällt und die Vielfalt ausdrückt, die in jedem Menschen steckt.

Nicht nur Frauen durchleben im Moment intensiver als noch vor einigen Jahren eine Emanzipation. «Auch viele Männer haben darauf gewartet, durch die Mode ihre innere Feminität herauslassen zu können», sagt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts in Köln. Selbst auf den Laufstegen der Modeschauen werden männliche Models nicht mehr wie Machos inszeniert.

In der Mode im Handel fällt das konkret bei den Farben auf: Divers bezeichnet sie Patrick Pendiuk, Leiter des Online-Ressorts Mode des Männermagazins «GQ». «Bei den Anzügen wird mitunter viel mit soften Farben gearbeitet: Pastelltöne, Off-White, Rosa, Creme.» Das geht einher mit einem anderen Anzug-Trend – aber mehr dazu später.

Die 80er-Mode ist zurück

Für Pendiuk erleben die 80er-Jahre in der Männermode ein Comeback. Dazu gehören glänzende Stoffe. «Das reicht von Nylon bis hin zu glänzendem Satin und Seidenstoffen», so der Modeexperten.

Und das auch an Teilen, die bisher traditionell in anderen Stoffen geschneidert wurden: Die Workwearhose nennt Prof. Claus Bortas von der Akademie für Mode und Design in Berlin als Beispiel. Ursprünglich wurde sie aus dickem Twill oder Denimstoff gemacht, jetzt werde ein leichter Satin verwendet.

Praktisch sollen die Outfits dennoch sein. So lässt sich eine Tunika zum Beispiel mit schweren Outdoor-Sandalen kombinieren. «Funktionalität mit schickem Design», nennt Prof. Bortas das. Auch sportlich dürfen die Outfits wirken, gefragte Elemente sind etwa die Saharajacke oder die Cargo-Hose.

Lässige Anzüge – in neuen Farben

Modisch wünschten sich die Menschen im Moment mehr «Entspannung und Bewegungsfreiheit», erklärt Müller-Thomkins. Darauf reagieren die Designer etwa mit weniger steifen Anzügen, die vielmehr eine Lässigkeit besitzen, «als ob man eben darin Joggen gehen könnte», ergänzt Prof. Bortas.

Und hier kommen auch wieder die für die Männermode neuen Farben ins Spiel: Statt Schwarz, Grau und Blau tragen sie nun auffällige Farben oder als dezente Alternative Pastelltöne. «Das kann ein blauer Anzug in Kombination mit einem pastelligen Blau oder Roséton sein», nennt Pendiuk ein Beispiel.

Weniger steif zum Sakko wirken im Sommer auch die weiterhin angesagten kurze Anzughosen. Genau, richtig gelesen! Kurze Hosen waren für Männer lange nur in der Freizeit tragbar – seit einiger Zeit aber versucht die Modewelt, sie auch in der Geschäftswelt zu etablieren. So auch in diesem Jahr. «Während die lange Hose aber schmal und locker bleibt, dehnt sich die kurze Hose aus und wird weiter», erklärt Pendiuk.

Farblich von der Natur inspiriert

Insgesamt sind natürliche Farben angesagt – eine Folge der Diskussion rund um mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Man sieht viele Gewürz- und Tabak-Töne. Prof. Bortas erwartet, dass zudem die Farbe Grün im Laufe der Saison noch wichtig werden könnte, und zwar in allen Schattierungen.

«In einer Zeit, in der viele Menschen die Befürchtung haben, dass die Umwelt verschwindet, versucht man sich eben stilistisch mit der Natur zu vernetzen: Nature Networking», erklärt Mode-Instituts-Chef Müller-Thomkins diese Farbwahl.

Ein Must-have der Saison für Männer haben die Experten auch schon ausgemacht: «Revershemden werden indiskutabel wichtig sein», drückt es Pendiuk aus. Es hat eine kastenförmige Passform und wird oft in bunten Farben und wilden Mustern angeboten.

No-name-Shirts als Alternative zum Hemd

Wer sich weder mit einem Hemd, noch etwa mit Blumenmustern anfreunden kann, für den sind die sogenannten Normcore-Shirts eine Alternative. Normcore steht für Unisex-Mode, die sich durch unauffällige Kleidung auszeichnet. Bei den Shirts heißt das etwa, dass man T-Shirts von keinen bekannten Marken trägt.

Ansonsten sind weiterhin angesagt «klassische Oberhemden, die überweit und gerade geschnitten sind», sagt Pendiuk. «Sie werden nicht in die Hose gesteckt, sondern als luftige und schlichte Kleidung getragen.»

Info-Kasten: Der Fischerhut als Trendaccessoire?

An Trendsettern sah man ihn bereits in den vergangenen Jahr: den Fischerhut. Im Englischen auch Bucket Hat genannt, denn er sieht aus wie ein umgekippter Eimer. Während Patrick Pendiuk vom Magazin «GQ» den Zenit des Fischerhutes für überschritten hält, glaubt Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Institut mindestens noch an die Funktion der leichten Kopfbedeckung.

Und gerade in einem weiteren heißen Sommer könnte das ein Verkaufsargument sein: «Der Fischerhut ist ein wunderbarer Allrounder. Er ist ein Hybrid zwischen Mütze und Hut und passt auf viele Köpfe», erklärt Müller-Thomkins. Gerade sein Nackenschutz ist sein Vorteil gegenüber anderen Hutmodellen. Auch lässt sich der Hut leicht zusammenkrempeln und in die Hosentasche stecken.

Fotocredits: Salvatore Ferragamo,Jil Sander
(dpa/tmn)

(dpa)

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